Berlin 14.11.2003 - 17.11.2003 |
In der Willy-Brandt-Str. 1 steht der Neubau des Bundeskanzleramt, der von den Berliner schon verschiedene Spitznamen erhielt, wobei "Kohllosseum" wohl der sein wird, der die Zeit überdauert. Das Gebäude wurde zwischen 1997 und 2001 nach Plänen von Axel Schultes und Charlotte Frank errichtet. Im Mittelpunkt des Gesamtkonzepts von Axel Schultes steht der Spreebogen. Die Bauten der Bundesregierung sind ähnlich einer Spange in Ost-West-Verbindung über den Spreebogen gebaut. Diese Lage ist einzigartig, da bisher alle Architekten von Martin Mächler bis Albert Speer ihre Entwürfe in der Nord-Süd-Verbindung realisierten. Westlich des Spreebogens befindet sich der Kanzlerpark, auf dem gegenüberliegenden Ufer das Bundeskanzleramt mit dem Kanzlergarten, ganz in der Mitte des Projektes das Forum - ein öffentlicher Ort für Politiker und Bürger, daneben das Paul-Löbe-Haus und auf der anderen Seite des Ufers das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Südlich des Paul-Löbe-Hauses befindet sich der Reichstag und anschließend östlich die Dorotheenblöcke Nord und Süd. Im Norden und im Süden des "Band des Bundes" (die andere Bezeichnung für den Spreebogen) ist eine als Spazierweg geplant. Zwei Brücken über die Spree verbinden den Gebäudekomplex miteinander. Axel Schultes gelingt es in seinem Entwurf, dem Tiergarten eine zentrale Lage im vereinigten Berlin zu geben. Dazu inspirierten ihn u.a. die Entwürfe des Architekten James Hobrecht vom Ende des 19. Jahrhunderts. Die Architektur der Bauten der Bundesregierung verbindet Einfachheit und Modernität. Das Bundeskanzleramt im Spreebogen befindet sich am nördlichen Rand des Großen Tiergartens. Östlich schließt sich das Gebäude an das Forum an: die Neubauten des Deutschen Bundestages im Paul-Löbe-Haus (Alsenblock) und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (Luisenblock), die gestalterisch und funktional zusammen gehören. Das Grundstück liegt am westlichen Ufer der Spree auf dem Moabiter Werder. Eine Fußgängerbrücke über die Spree verbindet das Bundeskanzleramt mit seinem Park. Die vom Bundeskanzleramt ausgewählten Architekten Charlotte Frank und Axel Schultes genügten den Anforderung der Bundesregierung, ein Gebäude zu entwerfen, das sich seiner Umgebung harmonisch anpaßt. Das Gebäude ist sehr groß mit einer Hauptnutzfläche von ca. 19.000 qm doch der Entwurf von Axel Schultes und Charlotte Frank läßt es nicht so massiv erscheinen. Die Architekten haben für dieses Projekt eine besondere Technik angewandt. Sie haben erst den Baukörper entworfen und dann die Räume ähnlich einer Höhle hinein "geschlitzt". Die Wände verloren dadurch an Masse Die westlichen und östlichen Außenwände des Gebäudes werden von Axel Schultes als "weiche Wände" bezeichnet. Sie sind teilweise durchsichtig, da sie aus einer Mischung aus Glas- und Betonflächen gebaut wurden. Daher stammt auch der Name "Waschmaschine". Diese Mischung ist originell, denn meistens entscheiden sich die Architekten für eine reine Glasfassade. Eine Besonderheit des Bundeskanzleramtes ist, daß es einem Theater ähnlich sieht. Ein Baldachin hängt im unteren Bereich der Fassade und den Ehrenhof kann man mit einer Bühne vergleichen. Die Säulen, die den Baukörper tragen, erinnern an ein Theater der Antike. Der Haupteingang des Gebäudes befindet sich an der Nordallee, Gäste aus aller Welt werden in dem offenen Ehrenhof empfangen. Der Vorteil dieses Hofes ist, daß es möglich sein wird, von außen die Ankunft der verschiedenen Gäste zu verfolgen. Im ehemaligen Bundeskanzleramt in Bonn war dies nicht der Fall. Im Zentrum des Gebäudes liegt ein 36 Meter hoher Kubus mit einem internationalen Konferenzsaal, Kabinettsälen sowie Büros für den Bundeskanzler und die Staatsminister. Die Gebäudeflügel haben vier Obergeschosse, dort befinden sich die Büros der Verwaltung. Es gibt zwölf Wintergärten und man nutzt Sonnenenergie in dem Gebäude. Eine Erweiterung des Gebäudes im Bereich der Ost- und Westfassade ist in der Zukunft vorgesehen. Die Innenräume des Gebäudes sind sehr hell durch die großen Glasflächen und relativ schlicht ausgestattet. |
Das Reichstagsgebäude wurde im Jahre 1894 nach einem Entwurf von Paul Wallot realisiert. Für den Bau wurde das ehemalige Palais des Fürsten Raczynski im Jahre 1883/84 abgetragen. Die Besonderheit des Reichstages war der Plenarsaal, der mit einer Kuppel aus Glas überdeckt war. Vom Reichstag wurde am 9.11.1918 die Weimarer Republik von Philipp Scheidemann ausgerufen. Die Zerstörung des Plenarsaals durch den Brand am Abend des 27.02.1933 symbolisiert den Untergang der Demokratie. Das Parlament der zerfallenden Weimarer Republik war gerade zur Neuwahl aufgelöst als die Flammen, für die Führung der Nationalsozialisten zum richtigen Zeitpunkt, loderten. Ihr Propagandachef Joseph Goebbels sprach zynisch von einem «Geschenk des Himmels». Der Reichstagsbrand verhalf den Nazis endgültig zur Macht. Noch im Gebäude nahm die Polizei den 24 Jahre alten Niederländer Marinus van der Lubbe als Täter fest. Angeblich fand man ein kommunistisches Flugblatt bei ihm. Er verhalf den Nazis unfreiwillig zur Errichtung ihrer Terrorherrschaft in Deutschland. Untersuchungen stellen van der Lubbe als Einzeltäter dar, der die Arbeiter zum Kampf für die Freiheit aufrütteln wollte. Sofort begann die Jagd auf politische Gegner. Bis zum Morgengrauen wurden tausende Personen festgenommen. Hitler ließ sich als Regierungschef mit Sondervollmachten ausstatten, die Ausschaltung der Weimarer Verfassung ließ sich begründen. Die Nationalsozialisten hatten vor, das Reichstagsgebäude im Rahmen des Projektes "Welthauptstadt Germania" zu renovieren. Während des zweiten Weltkriegs wurde der Reichstag stark beschädigt. 1950 wurden Aufräumarbeiten durchgeführt und am Ende der fünfziger Jahre wurde beschlossen, das Gebäude nach einem Entwurf von Paul Baumgarten wiederherzustellen. Der Wiederaufbau und Umbau erfolgte zwischen 1961 und 1972. 1972 wurde im Reichstagsgebäude die Ausstellung "Fragen an die deutsche Geschichte" zum 100. Jahrestag der Gründung des Deutschen Reichs eröffnet. Nach 1972 waren aufgrund des Viermächteabkommens Sitzungen des Bundestags in dem Gebäude nicht mehr erlaubt. Die Wiedervereinigung 1990 ermöglichte am 20.12.1990 im Plenarsaal des Reichstages die Konstituierende Sitzung des 1. Bundestags . Man entschied sich, das Reichstagsgebäude auf Dauer zu nutzen, weshalb Baumaßnahmen erforderlich wurden. 1992 wurde ein Wettbewerb zum Umbau des Reichstags ausgeschrieben, an welchem 800 Architekten aus 54 Ländern teilnahmen. Anfang 1993 bekamen drei Architekten den ersten Preis: Sir Norman Foster (England), Santiago Calatrava (Schweiz) und Pi de Bruijn (Niederlande), der den Plenarsaal nach außen verlegen wollte. Jedoch entschied sich der Ältestenrat 1995 letztendlich für den Entwurf von Sir Norman Foster, der der Jury fünfzig verschiedenen Kuppelvarianten vorschlug. Überzeugt wurde sie von der neuen Glaskuppel. Zudem war der Senat der Meinung, daß Sir Norman Foster ein modernes Arbeitsparlament entstehen läßt und gleichzeitig die Geschichte des Gebäudes respektiert. Die zwei Schwerpunkte des Entwurfs von Sir Norman Foster sind die neuartige Kuppel, die sich über dem Plenarsaal befindet, und die Aussichtsplattform. Die Kuppel ist mit Absicht keine Rekonstruktion jener des Architekten Paul Wallot, denn sie sollte den Neuanfang symbolisieren: Um die Entwicklung vom Reichstagsgebäude zum Parlamentssitz auch baulich deutlich zu zeigen, ist eine transparente Stahl-Glas-Konstruktion gewählt worden, kein historisierender Dachaufbau, sondern als sichtbares Zeichen des Neuanfangs eine moderne Kuppel, die vielfältige Funktionen aufnimmt. Glas und Stahl drücken Transparenz und Modernität aus. Die Aussichtsplattform ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Eine spiralförmige Rampe im Inneren der Kuppel führt zu ihr. Von dort aus kann man das Panorama über die Stadt aus über vierzig Meter Höhe genießen. Die öffentlich zugängliche Plattform ist der praktische Ausdruck des Dialogs zwischen den Parlamentariern und den Bürgern, also der Demokratie. Der Reichstag wurde von innen gründlich umgebaut. Praktisch wurden nur die Außenwände erhalten. Trotzdem soll der Deutsche Bundestag in ständiger Verbindung mit seiner Vergangenheit bleiben: "Das Innenleben des traditionsreichen Gebäudes wird sich architektonisch, funktional und energietechnisch grundlegend verändert haben und dennoch die originelle Grundstruktur sowie die Spuren der Geschichte widerspiegeln" . Während der Bauarbeiten wurden 45.000 Tonnen Bauschutt herausgeholt, und es wurden interessante Entdeckungen gemacht, so etwa das Graffiti russischer Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg und alte Wanddekorationen. Sir Norman Foster ist die Geschichte des Gebäudes wichtig, und er hat darauf bestanden, daß diese Fundstücke erhalten bleiben. Im Mittelpunkt des Gebäudes steht der Plenarsaal, der durch die Kuppel belichtet wird. Das Tageslicht wird über ein variables Spiegelsystem in den zehn Meter tiefer gelegenen Plenarsaal geleitet. Daß die Kuppel direkt über dem Plenarsaal gebaut wurde, soll den Willen der Regierung zur Offenheit unterstreichen und die Republik repräsentieren: Im Erdgeschoß befindet sich die Haustechnik. Zwischen dem Erdgeschoß und dem ersten Stock wurde ein Zwischengeschoß gebaut, das es den Besuchern ermöglicht, Sitzungen im Parlament zu verfolgen. Im zweiten Stock befinden sich hauptsächlich die Büros des Bundestagspräsiden, seiner Mitarbeiter und des Ältestenrates. Der dritte Stock ist den Fraktionen mit der zentralen Presselobby vorbehalten. Wichtig ist noch zu erwähnen, daß sich weitere Räume des Bundestages außerhalb des Reichstagsgebäudes befinden - und zwar im Bereich der Dorotheenblöcke, im Alsenblock und im Luisenblock. Zusätzlich wird der Deutsche Bundestag drei Berliner Altbauten beziehen: Unter den Linden 71, das ehemalige Volksbildungsministerium, die ehemalige Pädagogische Akademie in der Wilhelmstraße 60 sowie Unter den Linden 50, das ehemalige Außenhandelsministerium. |
Das "Band des Bundes": Links das Paul-Löbe-Haus, recht der Reichstag. |
Das Bundes- kanzler- amt von der Haupt- eingang -seite. |
Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am Schiffbauerdamm ist seit 1998 im Bau und wurde wie das Paul-Löbe-Haus von Stephan Braunfels entworfen. Beide Häuser sind miteinander verbunden. Eine Brücke über die Spree ermöglicht auch der Öffentlichkeit Zutritt zu den Gebäuden. Die Räume des Hauses aus Sichtbeton gehen von einer glasüberdachten Mittelhalle aus. Am Ufer der Spree befindet sich eine Rotunde, in der die Parlamentsbibliothek untergebracht werden soll. Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus werden neben dieser wissenschaftliche Dienste, Büros und ein zentraler Anhörungssaal untergebracht sein. Da es während der Bauphase zu vielen Problemen mit dem Beton und der großzügigen Glasfront gekommen ist, wird das Haus vermutlich erst 2004 bezugsfertig sein. Maria Elisabeth Lüders (1878-1996) war FDP Abgeordnete im Deutschen Bundestag. |
Das Paul-Löbe-Haus an der Paul-Löbe-Allee wurde von Stephan Braunfels entworfen und zwischen 1997 und 2001 erbaut. Das Bauwerk ist der größte Sichtbetonbau der Stadt, leider nicht so hell und sauber verarbeitet, wie es sich der Architekt gewünscht hätte. So wirkt die Fassade rohbauähnlich und wird wohl in den nächsten Jahren nachgebessert werden. Das Parlamentshaus wird dann heller grau als derzeit. Braunfels tröstete: "Fast alle Häuser in Berlin sind grau" Beton habe er verwendet, um den Kontrast zur sonstigen Leichtigkeit der Fassade deutlich zu machen, die zu 80 Prozent aus Glas bestehe. Der Bau besteht aus 21 runden Sitzungssälen für Ausschüsse, 450 Büros für deren Sekretariate und 510 Büros für die Abgeordneten, die sich um die verglasten Außenhöfe, die von oben kammartig wirken, gruppieren. Die Besuchergalerien in den Sälen ermöglichen, daß die Öffentlichkeit Kenntnis von der Arbeit der meisten Ausschüsse nehmen kann. Je drei doppelstöckige Sitzungssäle sind in den Rotunden untergebracht. Einem Abgeordneter stehen 19,5 qm pro Bürozimmer zu, er kann aber mit seinen Mitarbeitern insgesamt drei Räume nutzen. Ein Drittel aller Abgeordneten ist hier untergebracht. Übrigens: Zwei der Gebäude der Neubebauung der Neuen Straße in Ulm werden von Stefan Braunfels entworfen. Paul Löbe war Vizepräsident der Weimarer Nationalversammlung von 1919 und dann langjähriger Reichstagspräsident der Weimarer Republik. |
Wohnmobilstellplatz in Spandau |
Was den Ulmern der Spatz, ist den Berlinern natürlich der Bär. |
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